Projekt zur Minimierung des Eintrags von Röntgenkonstrastmitteln in die Ruhr soll weitergeführt werden.
Mit einem Bein stecken die Verantwortlichen noch mitten im Projektabschluss, da strecken sie sich schon für eine Fortsetzung: Das Projekt MERK’MAL zur Minimierung des Eintrags von Röntgenkontrastmitteln in die Ruhr ist in Mülheim so erfolgreich gelaufen, dass eine Fortsetzung denkbar ist. Die Beteiligten planen eine Ausweitung der Aktivitäten: „Wir könnten uns vorstellen, das Projekt auf einen Bereich zwischen Duisburg und Dortmund oder sogar bis nach Arnsberg auszudehnen und zu verstetigen“, sagte Dr. Wolf Merkel, Technischer Geschäftsführer und Projektleiter MERK‘MAL (IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung), bei der Bilanzveranstaltung am Dienstag, 6. März, im Aquatorium des RWW in Mülheim.
Röntgenkontrastmittel an einer Messstelle nur noch in drei von 14 Proben nachweisbar.
Vor gut einem Jahr ist das Projekt MERK‘MAL an den Start gegangen. Sein Ziel: Den Eintrag von Röntgenkontrastmitteln in die Ruhr zu minimieren. Die Umsetzung erfolgte durch Urinbeutel, die Patientinnen und Patienten, die sich einer radiologischen Untersuchung unterziehen mussten, ausgehändigt wurden. Denn: Kontrastmittel, welches das Abwasser nicht erreicht, da es vorher in einem Beutelchen aufgefangen wird, muss später nicht aus dem Wasser herausgefiltert werden. Pro Patientin und Patient wurden vier Beutel ausgegeben, die nach der Benutzung einfach über den Restmüll entsorgt werden konnten, da ein spezielles Pulver den aufgefangenen Urin in eine zähe Masse verwandelt. Wichtigste Schnittstelle dabei waren die teilnehmenden Krankenhäuser und radiologische Praxen: „Am Anfang war es natürlich ein bisschen holprig“, räumte Dr. med. Claudia Mohr vom Medizinischen Versorgungszentrum Mühlheim (MVZ) ein. „Aber danach lief es ohne Probleme. Die Ausgabe der Beutel und die Aufklärung der Patienten ließ sich ohne Aufwand in den Alltag integrieren.“ Mehr noch: „Durch die gute Vorarbeit über die Presse wussten viele Menschen, die zu uns kamen, schon von dem Projekt und haben gezielt nach den Beuteln gefragt.“ Eine positive Erfahrung, die Dr. med. Kai Naßenstein vom St.-Marien-Hospital und Dr. Schmidt von der Radiologischen Gemeinschaftspraxis in Mülheim bestätigten. Insgesamt haben 2.200 Patienten im Projektzeitraum Informationsmaterial und Urinbeutel ausgehändigt bekommen. „Und die Quote derjenigen, die mitgemacht haben, lag bei bis zu 87 Prozent“, erklärt Dr. Jochen Türk, IUTA Institut für Energie- und Umwelttechnik. Seine Erklärung für den Erfolg: „Es war fantastisch, wie motiviert und engagiert das Personal bei den medizinischen Partnern mitgezogen hat. Das war der Schlüssel für das Ergebnis.“ Demzufolge können sich auch die Messergebnisse sehen lassen. So seien etwa an einem Messpunkt in nur noch drei von 14 Proben Röntgenkonstrastmittel nachweisbar gewesen.
Selbst Verantwortung übernehmen:
Beteiligung der Mülheimer Bürgerinnen und Bürger zeigt Wirkung.
Von den der Bereitschaft, sich auf dieses Projekt einzulassen, zeigte sich auch Mülheims Bürgermeisterin Ursula Schröder vor dem gut gefüllten Auditorium begeistert: „Die Bürgerschaft hat es gut angenommen. So hat die Übernahme von Verantwortung nachweisbar Wirkung gezeigt.“ Doch um sich auf das Wasser der gesamten Ruhr auszuwirken, dazu ist Mülheim zu klein. Ein größerer Untersuchungsraum muss her, denn „wir wollen ja nicht Beutel ausgeben, sondern Gewässer schützen“, wie es Gerhard Odenkirchen vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen formulierte. „Und das Projekt passt ausgezeichnet zur Spurenstoffstrategie des Bundes“, schloss sich Staatssekretär Dr. Heinrich Bottermann an. Wie genau der Roll-Out auf den größeren Untersuchungsraum organisiert und vor allem finanziert werden kann, ist jetzt das nächste große Thema. „Aber“, so formulierte es Moderator Marcus Bloser von IKU_Die Dialoggestalter: „Alle sind gewillt, da sollte es auch zusammen gestemmt werden können.“
Lob aus den Niederlanden:
Pilotprojekt findet jenseits der Landesgrenze Beachtung
Schließlich hat sich der Kreis der Interessierten bereits erweitert: Bei einer Talkrunde bezeugten etwa Leif Grundmann, Geschäftsführer MedEcon Ruhr e.V. oder Gerd Schäfer vom Bochumer Bergmannsheil ihr Interesse. Und schließlich haben nicht nur die Menschen in Mülheim, dem Ruhrgebiet oder in NRW ein Interesse an sauberem Wasser. Auch jenseits der Landesgrenze wurde MERK‘MAL aufmerksam verfolgt. „Wir sind auf den Rhein angewiesen. Wir haben da gar keine andere Wahl“, erklärte etwa Dr. Gerard J. Stroomberg vom RIWA-Rijn Verein der Flusswasserweke, LV Nieuwegen aus den Niederlanden: „Was Sie hier auf die Beine gestellt haben, ist wirklich toll.“
Das Projekt in Zahlen:
- Im Einzugsbereich der Ruhr in NRW muss die Trinkwasserversorgung für rund fünf Millionen Menschen sichergestellt werden.
- Über einen Zeitraum von vier Monaten hinweg wurden in zwei Krankenhäusern und in zwei radiologischen Praxen an insgesamt 2.200 Patientinnen und Patienten Urinbeutel mit Handlungsanleitungen verteilt.
- Die stichprobenartige Patientenbefragung ergab, dass bis zu 87% der beteiligten Patienten die Urinbeutel tatsächlich verwendeten.
- Die RKM-Mengen, die durch ein solches Sammlungskonzept zurückgehalten werden können, sind beachtlich - allein in Mülheim jährlich mehrere hundert Kilogramm. Hochgerechnet auf das gesamte Einzugsgebiet der Ruhr wären mit dem getesteten Konzept rund 4 Tonnen RKM pro Jahr möglich.